Pressemitteilung „Die Staatsministerin Petra Köpping im Gespräch zu rechtsinvolvierten jungen Menschen in Sachsen: „Wir brauchen einen langen Atem“

Am 29.06.2022 wurde der kick-off der Fachstelle pro:dis in Chemnitz begangen. Zu Gast war die Sächsische Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt Petra Köpping. Mit Akteuren der Jugendarbeit und Rechtsextremismusprävention in Sachsen kam die Staatsministerin Köpping ins Gespräch. Dabei wurden aktuelle Bedarfe und Anforderungen im Umgang mit rechtsinvolvierten jungen Menschen diskutiert. Es wurde insbesondere hervorgehoben, dass die autoritär-nationalistisch geprägten gesellschaftlichen Diskurse sowie Ereignisse die Lebenswelt von jungen Menschen stark beeinflussen. Dieser Entwicklung muss durch die Stärkung von demokratischen Werten begegnet werden. Die Distanzierungsberatungsstelle pro:dis trägt dazu bei, indem Fachkräfte der Jugendarbeit und angrenzenden Arbeitsfeldern im Umgang mit rechtsinvolvierten jungen Menschen unterstützt werden. Träger dieser Koordinierungs- und Beratungsstelle ist die AGJF Sachsen e.V., Dach- und Fachverband für die Offene Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen mit derzeit 110 Mitgliedsorganisationen und langjähriger Fortbildungsträger.

Beim kick-off kam die Staatsministerin Petra Köpping mit den pro:dis-Projektmitarbeiter*innen, dem Sozialwissenschaftler Kai Nolde sowie Andreas Borchert von der Sächsischen Landjugend e.V. ins Gespräch.

Bei diesem Gespräch hob die Staatsministerin Köpping insbesondere hervor: „Rechtsorientierte Jugendliche wollen nicht durch Schulworkshops oder andere Präventionsangebote erreicht werden. Da die meisten von ihnen allerdings noch nicht tief in die rechtsextreme Szene verstrickt sind, greifen die Angebote der Ausstiegsberatung nicht. Diese Lücke möchte unser Demokratie-Zentrum zusammen mit der AGJF Sachsen und ihren Kooperationspartner*innen im Rahmen des Projekts „pro:dis“ schließen.“

Zudem wurde festgehalten, dass autoritär-nationalistische Akteure versuchen, den gesellschaftlichen Diskurs in Sachsen mit ihrer Ideologie zu beeinflussen. Diese Entwicklungen spiegeln sich im Jugendclub, im Klassenzimmer und an anderen Orten, wo junge Menschen zusammenkommen, wider.

Dazu meint die pro:dis-Projektmitarbeiterin Lea Zingel: „Der erste Schritt muss sein, zu verstehen, warum junge Menschen sich von der Demokratie ab- und rechten Strukturen hinwenden. Was geben Ihnen diese autoritären Strukturen? Und wir müssen verstehen, dass es rechten Erlebniswelten gelingt, Jugendliche da abzuholen, wo sie stehen, insbesondere wenn keine anderen Angebote vorhanden sind. Es muss jungen Menschen in Sachsen ermöglicht werden positive, demokratische Erfahrungen zu machen“.

Andreas Borchert von der Sächsischen Landjugend e.V. – als Vertretung für die Praxis der Jugendarbeit in Sachsen – hebt hervor: „Rechtsextremismus ist kein Jugendphänomen, sondern ein gesellschaftliches Phänomen.“

In dem anschließenden fachlichen Austausch mit den Teilnehmer*innen aus der Jugendarbeitspraxis sowie den Kommunen, konnten eigene Erfahrungen aus der Praxis sowie Anregungen und Erwartungen an die Fachstelle Distanzierungsberatung pro:dis besprochen werden. Hier wurde insbesondere von den Teilnehmer*innen benannt, dass es gute Falleinschätzungen sowie ein Problembewusstsein der verantwortlichen Akteure benötigt. Demzufolge braucht es eine Unterstützung eben dieser, um bei autoritären, völkisch-nationalistischen Tendenzen – sei es in der Kommune oder im Jugendclub – professionell begegnen und damit demokratische Werte in Sachsen stärken zu können. Dabei wurde auch deutlich, dass ein defizitärer Blick auf junge Menschen in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit nach §11 SGB VIII zu kurz fasst, sondern gerade Kinder- und Jugendarbeit ein wichtiger Ort für unmittelbare Demokratie-Erfahrungen und Beteiligung im Alltag bietet.

Das Projekt wird gefördert durch das Demokratie-Zentrum Sachsen im Rahmen des Programms Demokratie leben! des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Mehr Informationen zum Projekt finden sich online: www.agjf-sachsen.de/prodis

Mehr Informationen zur Arbeit der AGJF Sachsen finden sich online: https://www.agjf-sachsen.de/

Pressekontakt

Martina Klaus

Mobil: 0176 5568 5580

E-Mail: klaus@agjf-sachsen.de

Dokumentation

Weiterführende Informationen zur Podiumsdiskussion, den wissenschaftlichen Impulsvortrag von Kai Nolde und dem fachlichen Austausch mit dem Publikum kann der Dokumentation entnommen werden.

Link zur Dokumentation